Details

Hinweise zur Entstehung von Aurich

Aufgrund der Nachfrage eines Bürgers in einer Sitzung des Rates der Stadt Aurich bezüglich des Jubiläums zur erstmaligen Erwähnung des Namens hat die Verwaltung in eigener Sache Nachforschungen bezüglich der ihr bekannten Daten vorgenommen. Diese Daten sind zwecks Überprüfung bzw. Ergänzung an das Niedersächsische Landesarchiv (Außenstelle Aurich) und dem städtische Historische Museum übermittelt worden. Des Weiteren wurde die Ostfriesische um weitere Auskünfte gebeten. Herr Dr. Heiko Suhr, Leiter der Landesbibliothek der Ostfriesischen Landschaft, hat folgende Ausführungen zur Entstehungsgeschichte der Stadt Aurich mitgeteilt: 

"Die Ursprünge Aurichs bleiben wohl im Dunkel der Geschichte, da keine schriftliche Überlieferung existiert. Die Ursprünge der Ansiedlung gehen wohl nach archäologischen Funden auf das 12. Jahrhundert zurück. Um 1100 können Orte wie Walle, Wallinghausen oder Sandhorst als gesichert gelten. Noch sicherer ist dies für Kirchdorf der Fall, das schon um 900 erwähnt wird. Als Keimzelle der späteren Stadt Aurich lässt sich ein großer Wirtschaftshof vermuten, der in der Nähe des Oberlaufes des kleinen Flusses „A“ – später „Ehe“ genannt – gelegen haben wird. Das Hofland grenzte im Norden an die südlichen Ausläufer von Walle, sodass sowohl das heutige Friedhofsgelände als auch das Ellernfeld dazugehörten.

Ursprünglich bezeichnete „Aurich" nur das die heutige Stadt umgebende Land. Das Auricherland war eine ausgedehnte Geestinsel, die fast vollständig von Hoch- und Niedermooren umschlossen war und daher von außen kaum zugänglich war. 

Der Name „Aurich“ taucht zuerst in einem Bericht über die Östringer Fehde auf, wonach die Harlingerländer 1153 die Nachbarn, darunter die „Affrier“ – also die Bewohner des Auricherlandes - gegen die Östringer zu Hilfe riefen. 1075 nannte man die Bewohner dieses Gebietes noch „Moorsassen“, sodass der Begriffswandel zu Auricherland zwischen 1075 und 1153 erfolgt sein muss. Und in genau dieser Zeitspanne fingen die Grafen von Oldenburg, die im 12. Jahrhundert als Amtsgrafen des Auricherlandes fungierten, an, das Gebiet des oben genannten Hofes zum Zentrum des Auricherlandes auszubauen. Das neue Zentrum dieses Gebietes lag aber bald in der Nähe der neu geschaffenen Kirche und an einem Wasserlauf und wurde daher A-Werk genannt, was nichts anderes meint als „Bauwerk am Wasser“ bzw. „Bauwerk an der A“.

Genau das bestätigt der Brokmerbrief. Dieser ist in zwei Handschriften – Abschriften vom Original – noch erhalten und kann als das Gesetzbuch des Brokmerlandes gelten. Das erste Exemplar des Brokmerbriefes stammt aus der Zeit um 1300 (nach 1276), das zweite aus dem Jahr 1345. Dort heißt es, dass neben der Lamberti-Kirche ein „Aurec Howe“ lag, womit wiederum das A-Werk gemeint sein dürfte. 

Die Moorsassen wussten also durch praktisches Erleben, dass sie herrschaftsmäßig nun auf die Grafen von Oldenburg ausgerichtet waren bzw. auf dessen lokalen Standort „A-Werk“. Danach nannten sie sich „Affrier“ bzw. ursprünglich „Awriker“ bzw. eben A-Wriker, was gerade dem Plattdeutschen „Auerk/Auerk“ schon sehr nahekommt. 

Urkundlich erwähnt wird das Auricherland weiterhin 1289 als in einem Abkommen zwischen der Stadt Bremen und dem Harlingerland, wobei neben dem Norder- und dem Harlingerland auch die Rede von „Affricam“ (Auricherland) war. Der Name „Aurich“ erscheint als Raumname in Urkunden des 14. und frühen 15. Jahrhunderts. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts war Aurich noch immer ein Dorf („Villa Aurekehove“). Aurich war also mit Sicherheit ursprünglich kein Ortsname, sondern ein Raumname, der auf die Ortschaft übertragen wurde. 

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts setzten sich zunehmend die Häuptlinge gegenüber den Landesgemeinden durch, sodass die Herrschaft über das Auricherland im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts auf Ocko I. tom Brok überging. Seitdem herrschten die Häuptlinge bis zu den Cirksena (ab 1438) über Aurich und das Auricherland. Und Aurich wurde immer mehr zum Zentrum ihres Gebietes, sodass zu einem nicht bekannten Zeitpunkt der Raumname (Auricherland) auf den Ortsnamen (Aurich) überging.

Die Stadtrechte dürfte Aurich dann um 1491 erworben haben, wobei eine Urkunde nicht überliefert ist. Die Cirksena sind 1464 in Emden mit Ostfriesland belehnt worden und Aurich war ihr Zentrum, auch da sich die Jeveraner und die Harlingerländer deutlich distanzierten bis hin zur Verweigerung der vorgesehenen Huldigungen. Aurich wuchs so immer mehr an, der Auricher Markt gewann deutlich an Gewicht. So nennt eine von Graf Edzard am 11. November 1491 ausgestellte Gilderolle der Emder Goldschmiedezunft die Städte Aurich, Emden und Norden. 1561 siedelten Edzard II. und seine Ehefrau Katharina nach Aurich um, Aurich wurde somit Residenzstadt und Hauptstadt der Grafschaft Ostfriesland. Ausschlaggebend war vermutlich vor allem die zentrale Lage innerhalb ihres Herrschaftsgebietes.

Am 26. April 1539 erließen die Grafen Enno II. und Johann aber eine Bürgermeisterverfassung und wiesen darin explizit und schon in der Präambel darauf hin, damit das verlorengegangen Stadtprivileg – also die Urkunde zur Erhebung Aurichs zur Stadt – zu erneuern. Die Stadt Aurich verdankt ihren Status dann der Entscheidung der Grafen und Fürsten aus dem Hause Cirksena.

Aurich war de facto schon vor 1539 und vor 1491 eine Stadt, egal ob man dafür nun – wie Hajo van Lengen – die Friesische Freiheit heranzieht und damit begründet, dass die Bürger der Stadt frei waren wie die Bürger der Reichsstätte, oder ob man wie Werner Conring politische Begründungen sucht im Machtkampf des Auricherlandes mit den Häuptlingen. Die Verleihung der Stadtrechte und damit die Schaffung eines Bereichs mit Sondergesetzen war, das weist Heinz Ramm nach, im altfriesischen Raum eigentlich nicht bekannt. Dem Friesen reichte gemeinhin das fixierte Recht wie der Brokmerbrief. De jure war Aurich, wie die Präambel der Bürgermeisterverfassung von 1539 zeigt, schon vor 1539 eine Stadt. Mit letzter Sicherheit kann aber bisher kein genauer Zeitpunkt genannt werden, sodass Vieles dafürspricht, künftige Stadtjubiläen weiterhin ausgehend vom Jahr 1539 zu berechnen und im Hinterkopf zu behalten, dass die Stadt Aurich eigentlich noch älter ist. 

So ging man 1939 davon aus, die Stadtrechte seien nachweisbar erst mit der Bürgermeisterverfassung verliehen worden. Das Jeversche Wochenblatt kündigte im April 1939 an, 
die Stadt feiere im Sommer ihr 400. Stadtjubiläum. Aufgrund des Kriegsausbruchs kam es wohl dann nicht zur geplanten Feier. Ähnlich agierte man 1989. 

Wenn keine neuen Quellen auftauchen, sollte – in gewisser Tradition zu den Feierlichkeiten im Jahr 1989 – das 500. Stadtjubiläum 2039 begangen werden." 

Literaturliste:
Wybren Jan B u m a /Wilhelm E b e l (Hrsg.), Das Brokmer Recht (Altfriesische Rechtsquellen 2), 
Göttingen 1965. 
Ernst F r i e d l ä n d e r , Ostfriesisches Urkundenbuch, Bd. 1: 787–1470, Emden 1878, Nr. 39. 
Brigitte J u n g e /Sonja K ö n i g , Aurich. Vom Recht, eine Stadt zu sein, Aurich 2016. 
Hajo v a n L e n g e n , Die Entstehung Aurichs als ein Oberzentrum des Auricherlandes im 
Mittelalter. In Erinnerung an Dr. Heinz Ramm († 1994), in: Blog für ost-friesische Geschichte, 
online: doi.org/10.58079/125n8 [11.06.2025]. 
Heinz R a m m , Die Anfänge von Aurich, in: Hajo v a n L e n g e n , Collectanea Frisica. Beiträge 
zur historischen Landeskunde Ostfrieslands. Walter Deeters zum 65. Geburtstag (Abhandlungen 
und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands 74), Aurich 1995, S. 101–162. 
Gerhard S i e b e l s , Der Name der Stadt Aurich. Eine namenskundliche Untersuchung, in: Emder 
Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands 69, 1989, S. 5–38.

Auch interessant